Samstag, 2. Januar 2010

Paris - Teil 4


Am Zahnarztstuhl, den Blick starr auf die Uhr gerichtet, scheinen die Zeiger sich im Schneckentempo von Zahl zu Zahl zu schleppen, während der liebe Onkel Doktor sich mit seinen Geräten an den Zähnen zu schaffen macht. Wenn man andererseits etwas Schönes erlebt, rast die Zeit nur so dahin.
Die Tage in Paris (klingt irgendwie wie der Titel eines französischen Films aus den Siebzigern) vergingen wie im Flug, der Kurzurlaub hat uns allen sehr gut gefallen.
Für den letzten Tag unseres Aufenthalts haben wir uns einen Besuch im Louvre vorgenommen. Dazu hatte meine liebe Frau auch schon die Adresse eines kleinen Tabakgeschäftes herausbekommen - angeblich ein Geheimtipp - bei dem man die Eintrittskarten kaufen kann ohne sich vor dem Museum anstellen zu müssen. So geheim kann der Tipp aber nicht gewesen sein, in der Schlange vor uns warteten nämlich ca. 200 Leute. Man bedenke: Dies war die Schlange vor einem Geschäft, welches als Geheimtipp gehandelt wird, nicht die Schlange vor dem Eingang zum Louvre selbst. Die war nämlich wesentlich länger als jene, die sich zwischen uns und unserem Ziel dahingewunden hat. Da wir nach ungefähr fünf Minuten um ebensoviele Plätze nach vor gerückt waren und somit alleine mit dem Kartenkauf locker zwei Stunden verbracht hätten, entschlossen wir uns dann doch, die Kultur links liegen zu lassen und uns lieber nach rechts, in Richtung Galleries Lafayette, zu wenden.
Dieses altehrwürdige Kaufhaus ist zwar wahnsinnig toll anzusehen (ein wunderschönes Jugendstil-Gebäude), was uns allerdings irritiert hat, war der Umstand, dass bei den meisten der ausgestellten Artikel kein Preisschild zu sehen war...gar kein gutes Zeichen. Wir entdeckten dann doch noch ein Paar Stiefelchen von Jimmy Choo (der aus der Serie "Sex and the City") um wohlfeile 1.500 €, aber zu meinem Glück sagte sowohl meiner Frau als auch meiner Tochter der Schnitt nicht zu...phu, Schwein gehabt...
Nach einem kurzen Abstecher in ein Cafe (die hatten dort eine leckere Crème brulée) sind wir noch ein wenig durch die Stadt gewandert, um dann endlich ein echt französisches Essen in einer echt französischem Brasserie zu uns zu nehmen. Man könnte annehmen, dass ich ein wenig essensgesteuert bin, aber das täuscht. Reiner Selbsterhaltungstrieb. Bei den von uns zurückgelegten Strecken ist ständige Nahrungszufuhr der einzige Hinderungsgrund gegen einen totalen Zusammenbruch...
Nach einer weiteren Wanderung (ich sag doch, dass wir andauernd gegangen sind) und einem weiteren Kaffee in einem Café (hab ehrlich nichts dazugegessen) sind wir dann über den Boulevard Saint-Germain in Richtung Champs-Élysées spaziert und dann nochmal bis zum Triumphbogen, wo wir zum letzten Mal die Metro Richtung Hotel nahmen.
Auf dem Weg von der U-Bahn-Station zu unserer Bleibe der vergangenen Tage holte uns dann doch noch der Regen ein, den wir eigentlich laut Wetterbericht während unserers gesamten Kurzaufenthaltes genießen hätten sollen...wäre nicht so toll gewesen...
Mit dem Taxi zum Flughafen, einchecken, Sicherheitskontrolle, wieder mal warten (zum Glück diesmal ohne Schlange und vor allem sitzend), ereignisloser Heimflug, sanfte Landung, kurze Heimfahrt und schon waren wir wieder zu Hause...

Was habe ich während meines Paris-Aufenthaltes gelernt:
  1. Wenn man nach Paris kommt, muss man auf unbedingt gutes Schuhwerk tragen, besonders dann, wenn man mit meiner Frau dort Urlaub macht
  2. Schlangen scheinen in Paris besonders beliebt zu sein, nicht nur dort, wo man sie ohnehin erwartet wie dem Louvre, dem Eiffelturm, Disneyland etc., sondern auch an Stellen, von denen man sie mit Sicherheit nicht vermuten würde: Vor dem Louis-Vitton- und dem Nespresso-Shop in der Champs-Élysées waren jeweils ca. 50-70 Personen angestellt, die darauf warteten, hineingelassen zu werden...
  3. Pariser sprechen nicht nur Französisch, sondern auch Englisch, wenn es sein muss. Das alte Vorurteil, dass sie nicht des französisch mächtige einfach ignorieren würden, stimmt offenbar nicht mehr.
  4. Ein generelles Rauchverbot in Lokalen führt nicht dazu, dass diese sofort schließen müssen, weil die Gäste ausbleiben, auch ein Volk, das so milde Zigaretten wie die Gitanes ohne Filter erfunden hat (Stichwort Beuschlreißer), funktioniert ohne diese lästigen Glimmstengel (ich hasse die Schreibweise "Glimmstängel", sieht echt furchtbar aus)
  5. Nicht nur die Finnen sitzen sofort im Freien, wenn die Temperatur über den Gefrierpunkt steigt, auch die Franzosen lieben das...
  6. Très bien bedeutet nicht "Drei Bienen" und Sortie ist kein besonders häufiges Fast-Food-Restaurant, auf das man im jeder Metro-Station hingewiesen wird.
Was ich immer noch nicht verstehe:
  1. Warum springen nach dem Landen fast alle Passagiere auf, um dann minutenlang dichtgedrängt im Gang des Flugzeuges zu warten, bis endlich die Türen geöffnet werden. Selbst wenn man als erster aus dem Flugzeug draußen ist (Hurra! Erster!), gibt es einen Preis dafür, wenn man als erster am Kofferband steht und auf sein Gepäck wartet?
  2. Warum springen sofort beim Boarden alle Leute auf, als ob im Flugzeug die Sitzplätze der Reihe nach vergeben werden würden und das Konzept von Platzkarten noch nicht erfunden worden wäre?
  3. Wie schafft man es, innerhalb eines Tages, in den Louvre hineinzukommen und dann auch noch Zeit zu haben, sich die Exponate anzusehen?

1 Kommentar:

  1. Schöner Reisebericht - scheint ja trotz Schlangen und Schlabberbrot Spaß gemacht zu haben!
    :^)

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